Tennis-Spezial
- Steffi&David
- 10. Sept. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Sept. 2024
Wie unerwartet kann ein Tennistraining eigentlich werden?
Endlich Tennis in Cartagena. Meine Vorfreude war jedenfalls groß, der Platz den ich mir vorher schon mal angesehen hatte, war vollkommen in Ordnung, ein Hartplatz. Noch dazu konnte man hier grundsätzlich gratis spielen und sich auch Schläger und Bälle ausborgen. Und das Beste: völlig unerwartet gibt es in meiner Sprachschule, ja sogar in meiner kleinen Gruppe zwei Leute, die auch gern und gut Tennis spielen. Umso größer war die Vorfreude auf jene Tenniseinheit mit einem Lehrer, um alles mal näher kennenzulernen.
Noch in Österreich sagte ich dem Veranstalter, der Tennislehrer sollte auch ein bisschen englisch sprechen, damit ich mehr verstehe.
Der zweite Punkt betraf die Uhrzeit: Bitte nicht um die Mittagszeit, es doch viel zu heiß hier. Aber mein Trainer Anderson (ja das ist sein Vorname, nicht zu verwechseln mit dem schwedischen Kenneth, der 94 in den USA netzte) meinte: no Problema. Okay, ich dachte mir das Ganze wird halt im Schatten sein oder sowas.

Jedenfalls kam Anderson dann pünktlich um 15 Uhr, sprach aber fast kein Wort spanisch. Genau, er sprach fast gar nicht, immerhin manchmal ein bisschen spanisch, das war ja auch seine Muttersprache, aber Englisch und Anderson, das passt so gut zusammen wie Nigeria und Skispringen. Dann ging’s los, und zwar in brütender Hitze, von Schatten keine Spur. Selbst beim lockeren Einspielen schwitzte ich mir eine Pfütze ins Gesicht. Aber gut, wenigstens hatte ich ein Handtuch dabei. Nach dem Aufwärmen schlugen wir uns dann die Bälle um die Ohren, er ein bisschen mehr als ich, aber das war schon in Ordnung. Zweimal musste ich dann abbrechen, da der Schweiß Sand in meine Augen spülte, und ich los ojos nicht mehr öffnen konnte. Anderson sprach noch immer nicht viel. Hm sollte ein Trainer nicht ab und zu technische Anweisungen geben oder zustimmenden Applaus. Ehrlich gesagt war es mir relativ egal, 60000 COP, die ich für die Stunde zahlte, waren ja auch kein Vermögen. Außerdem wollte ich bei der Hitze auch lieber draufhauen, als irgendetwas zu analysieren. Jetzt kam der Aufschlag dran, fertig geschwitzt. Also eigentlich nicht, also der Aufschlag schon, aber das mit dem Schwitzen….. das wurde auch wenn man sich beim Service nicht dermaßen viel bewegt, im Glutofen des Centercourt de Cartagena nicht weniger. Vor allem der Schweiß in meinen Händen wurde immer mehr, allen handtüchlichen Abwischmanövern zum Trotz. So kam es wie es kommen musste: El gran Final, El gran Karacho:
Den letzten Aufschlag wollte ich im Gegensatz zu den ersten nicht einfach ins Feld manövrieren, nein, ich wollte ihn in Goran Ivanisevic Manier ins Feld betonieren, dass es meinem schweigenden Tennislehrer die Sprache nicht mehr verschlägt. Blöd nur, dass nicht alle Körperteile und Spielgeräte dabei mitmachten. Der Schweiß in meiner Hand lies den Schläger aus selbiger gleiten und ihn ohne große Umwege auf den Hartcourtboden krachen. Uiuiui. Noooooo. arribaaaa. Das hatte Anderson auch noch nicht gesehen. La Raqueta Ise zerstört kompleta.
Naja jedenfalls war die Stunde jetzt beendet, das Schwitzen war zunächst vorbei. Bis die zähen Verhandlungen über Schuld, Unschuld, Verantwortung und den Sinn des Lebens folgten. Alles eher auf spanisch, auch wenn ich nicht alles verstanden habe und schon gar nicht alles wie gewollt ausdrücken konnte. Anderson zeigte nun doch, dass auch er sprechen konnte, genauso wie Ballaufheber Pedro. Komplizierter machte es der Umstand, dass der Schläger gar nicht meinem Tennislehrer gehörte, sondern einem Schüler von ihm. Auch dass er ziemlich teuer war, wenn auch nicht mehr neu. Und Raul, el Pardon della raqueta, wollte seine moneta. Eieiei. Ein paar Fragen stellte ich mir schon: Warum gab mir Anderson überhaupt einen teuren, fremden Schläger und keinen von der Tennisschule? Warum spielen wir hier in der Mittagshitze, wenn das Flutlicht doch bis 23 Uhr geht? Warum kann ich mich nicht mit einem lockeren Aufschlag zufrieden geben? Preguntas sobre preguntas.
Schließlich konnte man sich auf eine Summe einigen mit der keiner der drei Parteien leben konnte. Egal, das Geld ist nun überwiesen und auch Anderson konnte sich nicht aus einer kleinen Verantwortung schweigen. Ich für meinen Teil habe damit trotzdem meinen Frieden geschlossen, es ist schon okay. Das größere Problem ist eher, dass ich jetzt gar keine Lust mehr habe jemals auf diesen Tennisplatz zurückzukehren und ich wohl auch keinen Schläger mehr geborgt bekäme:). Die coolen Matches gegen meine Sprachkurskollegen kann ich mir nun wahrscheinlich abschminken. Sehr schade.

Aber wie schon meine Großmutter wusste und blau auf weiß in unserem Wohnzimmer geschrieben stand:
Lass den Mut nicht sinken, wenn der Himmel grau, zwischen dunklen Wolken wird es wieder blau! ;)
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